Satsang mit mir selbst

Wenn ich “The Work” von Byron Katie mache, dann mache ich “Satsang” mit mir selbst. Nun werden Sie denken: Was bitte ist The Work? Und was ist Satsang? Und wer bitte ist Byron Katie?
Eins nach dem anderen. 🙂

Was ist Satsang?

Satsang kommt aus dem Sanskrit und bedeutet: sat – Wahrheit, sangha – Zusammensein, Begegnung. Man könnte es also mit “Begegnung in Wahrheit” oder “Begegnung mit der Wahrheit” übersetzen. Und schon wieder entstehen Fragen. Was ist Wahrheit? Gibt es eine Wahrheit? Lassen wir jedoch diese Fragen vorerst mal beiseite.

Im Allgemeinen versteht man unter Satsang die Begegnung mit einem Lehrer, einem Guru, einem Meister. Dieser ist im “Besitz” einer “Wahrheit”, die sich dem Schüler scheinbar entzieht. Es sind also Wahrheitssucher, die sich in Satsang begeben. Was hat so ein Lehrer, so ein Guru, das seine Schüler nicht haben? Ein Meister gilt als erleuchtet, als erwacht. Als jemand, der das Absolute erkannt hat, die “Wahrheit” eben. In seiner Gegenwart kommen die Schüler zur Ruhe, zum inneren Frieden. Sie finden ein Stück mehr zu sich selbst.  Satsang-Gänger sagen, dass sie nach dem Zusammensein mit dem Lehrer innerlich geklärter sind, zufriedener, glücklicher. Sie hoffen, dass das, was der Lehrer “gefunden” hat, auch ihnen zuteil wird.

Byron Katie, eine Amerikanerin, die durch die Fragetechnik “The Work” auf der ganzen Welt bekannt geworden ist, würde wahrscheinlich dazu sagen: “Niemand ist erwachter als jemand anderes. Niemand lehrt mehr als jemand anderes. Niemand hat mehr Wissen als jemand anderes.” Es gibt nur diesen einen Moment, und entweder du bist mit der Realität im Reinen oder du bist es nicht.  Im ersten Fall bist du gerade “wach”, im zweiten Fall schläfst du gerade. “Confusion is the only reason for suffering.” – Verwirrung ist die einzige Ursache für unser Leiden. Wenn wir “wach” sind, “er-wacht”, dann sind wir klar und im Reinen mit dem, was ist. Wenn wir “schlafen”, bleiben wir verwirrt und wollen, dass irgend etwas anders ist. Das geschieht in jedem Moment und kann sich jeden Moment wieder ändern. Bei Menschen, die dauerhaft “erwacht” oder “erleuchtet” sind, ändert es sich im Allgemeinen nicht mehr. Doch das soll uns nicht daran hindern, nach dem Erwachen in diesem Augenblick zu suchen. So winzig er auch sein mag.

Leiden im Alltag

Sie kennen das sicher:  Sie haben es eilig und landen prompt in einem Stau. Nun haben Sie zwei Möglichkeiten zu reagieren: Sie können sich aufregen, sich Sorgen über ihre Verspätung machen, herumschimpfen und nervös sein. Dann sind sie – in Katies Worten – “confused”, verwirrt. Oder Sie können akzeptieren, dass Sie im Stau stehen und überlegen, wie Sie am besten die Zeit verbringen und Ihren Verabredungspartner benachrichtigen. Dann sind Sie klar und wach.

Die Wahl

Im ersten Fall leiden Sie. Wovon sich der Stau auch nicht auflöst. Im zweiten Fall sind Sie entspannt und zufrieden, mit oder ohne Stau – Ihr innerer Frieden hängt nicht von den Umständen ab. Jeder Mensch kann in jedem Moment “erwacht” oder “wach” sein. Und jeder Mensch kann in jedem Moment verwirrt sein und darunter leiden. Oder auch sein Leiden auf seine Umwelt übertragen und dadurch noch vergrößern. Wenn Sie schon sauer sind, weil es einen Stau gibt, schimpfen Sie vielleicht laut und verschmutzen die Atmosphäre in Ihrem Auto für Ihre Mitreisenden gleich mit.

So oder so. Wir haben die Wahl. An der Realität ändert das nichts. Die bleibt gleich: Es gibt einen Stau. Diese so offensichtliche “Wahrheit” des Staus zu sehen, fällt uns leicht. Andere “Wahrheiten” bleiben unserer Wahrnehmung leichter verborgen. Deswegen hat Byron Katie eine einfache Fragetechnik entwickelt, die uns hilft, der “Wahrheit” auf die Spur zu kommen.

Selbstbefragung als Weg zur Erlösung

www.pixabay.comIn allen spirituellen Traditionen wird Wahrheitssuchenden empfohlen, sich selbst bestimmte Fragen zu stellen. Eine ganz zentrale lautet z.B. “Wer bin ich?” Nach langwierigen Meditationen über solche Fragestellungen enthüllt sich dem Suchenden irgendwann das Absolute. Oder auch nicht.

Byron Katie, die sich übrigens weder als erwacht noch erleuchtet noch als Lehrerin fühlt, ist da nicht anders. Doch viel pragmatischer. Auch sie stellt Fragen. Doch ihre Fragen gelten direkt und in jedem Moment den Gedanken, die mich verwirren. Um bei unserem Beispiel mit dem Stau zu bleiben, wäre es ja möglich, dass ich denke: “Scheiß-Stau! Ich muss zu meiner Verabredung. Ich habe jetzt keine Zeit im Stau zu stehen! Kann der sich bitte schleunigst auflösen!??!!” Meist kann der Stau das im Übrigen nicht, selbst wenn ich es noch so sehr will… :-/

Ein solcher Gedanke bringt Nervosität, Unruhe und Verwirrung in mein Leben. All das, was Wahrheitssucher im Satsang hinter sich lassen wollen. Dort suchen sie Ruhe und Klarheit. Und genau deswegen stellt sich der pragmatische Wahrheitssucher in solchen Augenblicken innerer Qual eine paar einfache Fragen. Wenn ich als praktisch veranlagte Wahrheitssucherin dies tue, nehme ich mir dafür einen Moment Zeit. Doch je öfter ich es tue, umso schneller geht der Frageprozess vonstatten. Mein privater Satsang mit mir selbst. Und am Ende bin ich immer mehr bei mir, mehr in Frieden, ausgeglichener, glücklicher. Egal, ob es sich noch staut oder nicht.

Möchten Sie gern wissen, wie die Fragen lauten, die ich mir dann stelle?

Als erstes isoliere ich einen einzigen Gedanken. Wenn möglich, schreibe ich ihn auf. In diesem Fall lautet der Gedanke “Der Stau soll sich auflösen!” Ich sage ihn mir nochmals gedanklich vor. “Der Stau soll sich auflösen.” Nun stelle ich mir die

1. Frage: “Ist das wirklich wahr?”

Ist es wahr, dass sich der Stau auflösen sollte? Ich horche in mich. Ja! Ich habe keine Zeit, ich muss weiter. Ja, verdammt! Die Antwort kommt aus meinem Bauch, ich lasse sie einfach aufsteigen. Ich hetze mich nicht, ich horche in mich hinein. Doch ich weiß, es gibt kein “falsch” oder “richtig”. Im Anschluss stelle ich mir die

2. Frage: “Kann ich 100%ig sicher sein, dass das wirklich wahr ist bzw. so sein sollte?”

Ups! Kann ich ganz, ganz sicher sein, dass der Stau sich auflösen sollte? Nö. Also, ich meine, ich bin ja nicht Gott. Ich hab ja nicht den totalen Überblick. Was weiß ich, wie es sein sollte – keine Ahnung. Nein, eindeutig nein. In mir beruhigt sich etwas. Eine giftige Schlange rollt sich zusammen und kuschelt sich in ihr Nest. Es wird Zeit für die

3. Frage: “Wie reagiere ich, wie geht es mir, wenn ich diesen Gedanken denke (Der Stau sollte sich auflösen)?”

Wie es mir dabei geht?? Ach, besch–eiden. Ich mache mich innerlich total fertig, versuche, die Kontrolle über etwas zu bekommen, das ich doch nie kontrollieren kann und verliere dabei alles, was ich habe. Mich selbst, meine Ruhe, mein Glück, meinen Frieden. Okay, ich kann sie stellen, die

4. Frage: “Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?”

Ach, ohne dieses nervtötende Gezetere in meinem Kopf ging es mir besser. Ich würde eine CD hören, ein Lied singen oder einfach nur die Bäume anschauen und dösen. In mir wird es weich und sanft. Ich bin reif für den letzten Schritt, die

5. Umkehrungen meines ursprünglichen Gedankens.

Der Ursprungssatz lautet: “Der Stau soll sich auflösen.”

Ich kehre den Satz in sein Gegenteil um: “Der Stau soll sich nicht auflösen.” Und dann frage ich mich, warum dieser Satz möglicherweise genauso wahr oder wahrer sein könnte wie der ursprüngliche. Ich suche nach ehrlichen Antworten, die aus mir selbst kommen. Naja, vielleicht sollte sich der Stau wirklich nicht auflösen, aus einem Grund, der mir verborgen bleibt. Wie gesagt, ich bin ja nicht Gott und allwissend. Eigentlich weiß ich noch nicht einmal, ob es für mich besser wäre, wenn der Stau weg wäre. Was weiß ich schon von den Zeitplänen des Universums?

Dann kehre ich den Satz auf mich selbst um: “Der Stau in mir sollte sich auflösen.” Ich frage mich ernsthaft und ruhig, was für einen Stau es in mir geben könnte, der sich auflösen darf. Ich muss lachen! Ja, klar. Mein Gedankenstau. Da oben in meinem Kopf ist die Hölle los. Alle Gedanken seit dem Staugedanken stauen sich dort und drehen sich im Kreis. “Der Stau soll weg. Ich komm zu spät. Dann ist die Frau x schon weg. Und ich bekomm y nicht mehr. Das geht nicht. Der Stau muss sich auflösen.” und so weiter und so fort. Nicht ein kreativer Gedanke seit 15 Minuten. Nur Stress. Ja, mein Gedankenstau sollte sich auflösen!

Ich fühle mich großartig. Draußen hupt jemand. Die Sonne scheint. Eine Frau schreit über drei Autos hinweg etwas zu einem Busfahrer. Der Busfahrer tippt sich an die Stirn. Ich lache. Meine CD ist schön. Ich rufe jetzt Frau x an. In dem Moment klingelt es. Frau x ist dran, ihr Kind ist krank, sie kann nicht kommen, ob wir den Termin verschieben können. Ich lache. Der Mann neben mir im Auto guckt grimmig. Ich fühle mich großartig.

Sabine Bends

Wer spontan Lust hat, am Wochenende 17./18. Januar in Köln mit dabei zu sein zum Workshop „Lieben was ist“, darf sich gern bei mir melden.

„Byron Katies The Work ist ein großer Segen für unseren Planeten. Die Grundursache unseres Leidens ist die Identifikation mit unseren Gedanken, mit den ‚Geschichten‘, die ununterbrochen in unserem Verstand kreisen. Byron Katies The Work wirkt wie ein rasiermesserscharfes Schwert, das diese Illusion durchtrennt und dich befähigt, selbst die zeitlose Essenz deines Seins zu erkennen. Freude, Frieden und Liebe erscheinen daraus als dein natürlicher Zustand.“
Eckhart Tolle – Autor von „Jetzt! Die Kraft der Gegenwart“ und „Eine Neue Erde“

„Höre zu, was du zu anderen sagst, und du hast für dich selbst das beste Lebensrezept!“
Sabine Bends

„Wir sagen nichts, was wir nicht selbst hören wollen.“
Byron Katie

„Was ich über andere sage, sagt mehr über mich selbst aus als über die anderen. :-)“
Sabine Bends

„Solange kein Frieden in dir ist, gibt es keinen Frieden in der Welt, denn du bist die Welt.“
Byron Katie

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